| Karl Bund | ||||||||
| Georgstr 29 | ||||||||
| 52078 Aachen | ||||||||
| D I E Z E I T V O M 10. 9. - 9. 10. 44 | ||||||||
| Chronist G. MLLENMEISTER | ||||||||
| 10.9.44 | Vor dem 10. 9. 44 schon gingen durch die Stadt Aachen Gerchte | |||||||
| ber eine bevorstehende Rumung, die die Einwohner in hchste | ||||||||
| Erregung brachten. | ||||||||
| Zeitweise wurden sie widerrufen, um alsbald von neuem aufzu- | ||||||||
| tauchen und die Bevlkerung in eine aufs hchstma gesteigerte | ||||||||
| Angst und Unruhe zu versetzen. Viele qulten sich mit dem | ||||||||
| Zweifel: Was tun? Rumen mit dem Abtransport? - Oder in der | ||||||||
| Stadt bleiben? | ||||||||
| In beiden Fllen drohte Gefahr, eine Zukunft, deren Ungewiheit | ||||||||
| uns vor Schrecken beben lie. | ||||||||
| Phantastische Gerchte ber all das, was in beiden Fllen ber | ||||||||
| uns hereinbrechen knnte, schwirrten wie Giftkfer durch die | ||||||||
| Stadt. | ||||||||
| Denen, die hier verweilen wollten, versprach man Bombenteppiche | ||||||||
| auf den Westwall, auf die Stadt, die Bunker, genau so wie auf | ||||||||
| den Atlantik-Wall, nachher Beschu der durch die Stadt ziehenden | ||||||||
| Feindtruppen durch unsere Wehrmacht - eine Stadt ohne Licht, | ||||||||
| Gas und Wasser, ohne Zufuhr von Lebensmitteln. Im anderen Falle | ||||||||
| winkte Feindbeschu der Zge, Flchtlingselend auf unbestimm- | ||||||||
| te Zeit - Verlust des huslichen Besitzes, der Existenz. - | ||||||||
| Manche hielten den Westwall fr widerstanfsfhig auf Monate. | ||||||||
| Aber dann stand Aachen unter beiderseitigem Beschu. | ||||||||
| Am 10. 9. ist Hinmler in Aachen zur Besichtigung der Verteidi- | ||||||||
| gungsanlagen als Beauftragter vom Fhrer. | ||||||||
| Spt am Abend betrete ich unsere Bunkerzelle und finde dort | ||||||||
| Menschen, die durch Angst und Zweifel der Ohnmacht und Zerris- | ||||||||
| senheit anheimfielen. | ||||||||
| Pltzlich horchen wir alle auf. Eine magebende Persnlich- | ||||||||
| keit, die mit dem OB in Verbindung steht, hlt eine trstli- | ||||||||
| che Rede. Der Herr Oberbrgermeister lt den Aachnern sagen, | ||||||||
| da er vorlufig nicht an Rumung denke. H. sei hier gewesen, | ||||||||
| habe versichert, da eine Befreiung der deutschen Truppen aus | ||||||||
| dem Kessel bei Antwerpen zu neuen Hoffnungen berechtige. | ||||||||
| Wie von einem Sturmwind herausgefegt wich die Friedhofsstim - | ||||||||
| mung aus unserer Zelle und machte der alten Fidelitas Platz. | ||||||||
| Das Stimmungsbarometer stieg bei der Tasse Bohnenkaffee, man | ||||||||
| a wieder mal ein Butterbrot mit gutem Appetit. | 
11.9.44 Trotzdem herrschte am 11. 9. wieder Panikstimmung in der Stadt.
| Die Einkaufspanik, die sich besonders auf Lebensmittel erstreckte, | |
| steigerte sich. Im Laufe des Tages wurde bekannt gegeben, da | |
| bis 7 Uhr Mtter mit Kindern und alte Leute Gelegenheit htten, | |
| abzudampfen. | |
| Viele hatten in den vergangenen Tagen Aachen bereits verlassen, | |
| um entfernte Verwandte aufzusuchen, muten aber dafr einen be- | |
| sonderen Polizeiausweis haben. | |
| Immerhin waren noch am 9. 9. in Aachen an 98.000 Einwohner | |
| Lebensmittelkarten ausgegeben worden. | 
12.9.44 Am 12. 9. im Sptnachmittag bringt man unserem Haus (Peterstr.)
| die Marschzettel. Abmarschtermin am 13. 9. um 8 1/2 Uhr, Beeckstr. | |
| Es heit: Hier in Aachen verweilen ist verboten. bisher war das | |
| noch freigestellt. Grevenstein, die vorhatten, im Stollen zu | |
| kampieren, kommen zurck. Alle Stollen und Bunker werden geschlos- | |
| sen. | |
| Am Abend holt Martin mich ab zwecks bersiedlung zur Helfferich- | |
| strase in Conrads Haus, wo auch Familie Corsten wohnt. Das Flucht- | |
| gepck ist auf ein Rad gebunden, das Martin unterwegs fr 50 RM | |
| und Zigaretten erhandelte. | |
| Wir zieh’n durch fast menschenleere Straen. ab und an taucht | |
| ein Trupp Flchtlinge auf, der zur Bahn wandert. | |
| Kleine Handwagen, Kinderwagen aus allerhand Stilperioden, Koffer, | |
| phantastische Ruckscke, in der Eile aus allerhand kuriosem Tuch | |
| hergestellt, kennzeichnen die Auswanderer. | |
| In der Helfferichstrae gedachte ich eine im Sinne von Martin C. | |
| zum Verweilen in Aachen entschlossene Gesellschaft vorzufinden. | |
| Statt dessen: Hchste angstpanik, flieende Trnen, nervse Pack- | |
| wut, ausgelst durch eiligste Fluchtbereitschaft. Die eingeleg- | |
| ten Eier werden zum Teil verschenkt, teils schonungslos aufgezehrt, | |
| auf da kein Fremder sie verzehre. | |
| Nicht nur Proviant, Kleider, Wsche, auch ein Spinnrad, in einem | |
| Sack verpackt, sollten mit auf die Flucht. | |
| Martin hat sein ganzes Fhrertalent ntig; die aufgeregten Gemter | |
| auf die Bahn eines vernnftigen Handelns zu bringen. | |
| Auch kopflose Nachbarschaft, die in der hchsten Not herbeigeeilt | |
| war, mute fr Vernunftgrnde reif gemacht werden, ging aber | |
| schlielich entschlossen und dankbar nach Hause. Man fgte sich | |
| Martins strengen Anordnungen, mit Fassung und Zuversicht hier zu | |
| verweilen. | |
| Aber gepackt wurde doch, um dennoch im gegebenen Fall auszukneifen. | |
| Wir speisten zu Abend am runden Tisch im Ezimmer. Gutes warmes | |
| Essen! | |
| Danach: Neue Erregung ber die nchtliche Unterkunft. Stollen, | |
| Bunker oder Hauskeller? | |
| Den ngstlichen Gemtern entgegen dringt die Entscheidung durch: | |
| Haus, bzw. Hauskeller. | |
| Ich schlafe auf der Couch im Wohnzimmer. Anhaltendes Flakschies- | |
| sen von nah und fern. | 
13.9.44 Am 13. 9. lst die Flakstellung hinter unserem Hause sich auf.
| Wir hren die Sprengungen, sehen die Brnde. Abzug der Flaksol- | |
| daten. | |
| Viele Bewohner der Beverau waren entschlossen, nicht abzuwandern. | |
| In Frankenberger Bunker sollen noch Tausende sein, die fest gewillt | |
| sind, Aachen nicht zu verlassen. | |
| In der Nacht hatte im Bunker ein Vertreter des Grafen Schwerin, | |
| dessen Panzerdivision die Stadt zu verteidigen hat, zum Volke | |
| gesprochen: Noch nie ist eine Stadt so unvorbildlich gerumt | |
| worden wie Aachen. Partei und Polizei haben die Stadt verlassen, | |
| noch ehe sie von Zivilisten gerumt war. Ein Abtransport der noch | |
| Harrenden ist unmglich. Das Volk soll bleiben und der Wehrmacht | |
| zur Seite stehen. | |
| In der Tat kamen die Leute, die gestern zur Bahn gingen, heute | |
| zurck. Darunter auch Pfannschmidt, nachdem sie alle Vorrte | |
| verzehrt hatten, unterwegs den Buttertopf zerbrochen, muten sie | |
| nun bleiben. | |
| Viele Abtransportierte lagen bei Dren. Viele setzte man 15 km | |
| von Aachen ab. Auf telef. Anrufe meldete sich kaum einer. Alle | |
| waren scheinbar fort. Blo die Franziskanerinnen (Kleinmarschier- | |
| str.) meldeten sich, entschlossen zu bleiben. | |
| Von ihnen erfuhr ich, da der Block Peterstr. nicht mitgekommen | |
| war am Bahnhof und in Aachen verblieben wre. | |
| Die Flak hrten wir nicht mehr, dafr aber Artillerie-Donner im | |
| Westwall, immer lauter werdend. | |
| Ich stehe mit Martin am Fenster, beobachte die anhaltenden Ein- | |
| schlge in der deutschen Stellung im Wald, berall dem Hhenzug | |
| entlang, wo es nach Aussage entfliehender Soldaten gespickt voll | |
| deutscher Truppen stand. Am Abend fhrt ein Auto mit Waffen S5 | |
| vorbei. Der Offizier darin sagt, da er Unterkunft fr den Stab | |
| sucht. | |
| Er glaubt, da ein Entkommen der Zivilbevlkerung aus der Stadt | |
| unmglich ist, sofern sie noch bis morgen wartet. | |
| Nachdem die Flak den Gefechtsstand verlassen hatte, beginnen | |
| Franz C. und Edg. Pf. zu organisieren in groem Stil. Es schwir- | |
| ren ins Haus: 1 Sack eiserne Ration, 1 Kiste Kncke Brot, 5 Ka- | |
| ninchen, 1 Radiogert, 80 l Benzin, Milch von den umherirrenden | |
| Khen. | |
| Alle Mahlzeiten werden ber der Erde eingenommen. | |
| Am Abend drngen die ngstlichen Gemter wieder, in den Stollen | |
| oder Bunker zu gehen, weil der Feind nher rckt. Auf Martins | |
| Befehl bleiben wir im Hause. | |
| Gute Stimmung herrscht vor in der Erwartung, da in wenigen | |
| Stunden alles Schwere vorbei ist. | |
| Am Abend verlegen wir das Nachtlager in den Keller. Couch, Liege- | |
| sthle, Sessel, eine Matratze am Boden dienen als Nachtlager fr | |
| die achtkpfige Hausgemeinde: Conrads, Dorsten, Franzen, Mllenmeister. | 
14.9.44 Donnerstag. Am Morgen wird’s ernst. Schon zeitig wird aus dem
| Artillerie-Beschu ein Artillerie-Duell. Die Feinde pfeffern vom | |||
| Wald, die unsrigen antworten vom Osten und Norden (Soers) der | |||
| Stadt her. (Lousberg) | |||
| Wir hren, da der Feind im Wahnbruch steht. | |||
| Die Ausfallstraen vom Wald her liegene unter stndigem Feuer. | |||
| In der Richtung Ponttor, Ludwigsallee sieht man starke Ein- | |||
| schlge, auch in der inneren Stadt. Das Artillerie-Duell geht | |||
| stundenlang ber uns her. | |||
| Im Morgen Ferngesprch mit Franz in Gelsenkirchen und Hanne | |||
| in Dortmund. Wir warten mit Spannung und hoffen, da in 2 Stun- | |||
| den das Schwerste berstanden ist. | |||
| Am Morgen sprechen wir mit Soldaten, die von Eupen kommend, froh | |||
| sind, da sie dem Aachener Wald entrinnen konnten. Sie fallen | |||
| aus den Wolken als sie hren, da; sie hier vor Aachen sind. Sie | |||
| sind matt und lustlos und denken nur an Gefangenschaft. Sie er- | |||
| zhlen, da der Feind in groer berzahl ist und viel bessere | |||
| Ausrstung hat als wir. auf unsere Frage, ob’s wohl gefhrlich | |||
| sei drauen, antworten sie:"Hier ist es berall gefhrlich." | |||
| Wir hatten noch allerhand Briefe geschrieben und wollten diese | |||
| ihnen zur Weiterbefrderung mitgeben. Das lehnten sie ab, weil | |||
| sie nicht damit rechneten, aus Aachen herauszukommen. | |||
| Nicht lange darauf kommen wieder zwei Soldaten gelaufen, atem- | |||
| los, zitternd. Sie laufen schnell, hoffen noch nach Osten zu | |||
| entrinnen. Bereitwiliig nehmen sie unsere Briefe mit. | |||
| Das Artillerie bzw. Panzerfeuer wird immer heftiger. Die Ein- | |||
| schlge nhern sich unserer Strae. | |||
| Wir sitzen dicht beisammen im Keller. Das Haus bebt unter den | |||
| Einschlgen, die von der Gartenseite herkommen. Gre Amerikas | |||
| aus dem nahen Aachener Wald. | |||
| Kaum eine Pause! Kaum ein Nachlassen. Ein fester Schlag - das | |||
| Licht ist aus und bleibt erloschen im ganzen Haus! | |||
| Nach beendetem Eisenregen wagen wir uns nach oben und gewahren | |||
| die Zerstrung an der Hinterfront. | |||
| Wie von einem Bombenangriff sind die Scheiben zertrmmert in | |||
| Ezimmer und Kche. Granatsplitter durchquerten die Vitrine | |||
| und bohrten Lcher in die Wand. Bden, Mbel, alles voll Staub, | |||
| Dreck, Gebrckel. Splitter! | |||
| Am Abend stehen wir am Straenrand im Gesprch mit zwei vorber- | |||
| gehenden Soldaten. | |||
| Ein Soldat ruft:" Achtung! Splitter!" Wie die Katzen schnellen | |||
| wir an die Wand, liegen flach auf dem Boden. Sekundenlang pras- | |||
| seln die Splitter um uns. Bange Sekunden! | |||
| Neue Nacht, neues Raten und Zweifeln um den nchtlichen Aufenthalt. | |||
| Martins Befehl: "Wir bleiben im Hauskeller" siegt. | |||
| Im Keller brennt die gesegnete Kerze, whrend wir in groer Gefahr | |||
| gemeinsam den Rosenkranz beten. | |||
| Von heute ab gibt’s kein Licht, kein Trinkwasser mehr. Wir sind | |||
| ohne Radio, ohne Zeitung, abgeschnitten von der Auenwelt. | |||
| 15.9.44 | Freitag. Die Nacht im Keller war ziemlich ruhig. Am Morgen lebt | ||
| das Feuer wieder auf. Melken - Kochen! Unmglich! | |||
| Gestern noch feudales Kaninchenessen mit Pudding - heute einfache | |||
| Milchsuppe. Wir hocken zumeist im Keller, sehen Waffen SS vor- | |||
| beigehen, hren ihren Panzer. | |||
| Gegen 10 Uhr schweres Artilleriegetse um uns. Das Haus erzittert, | |||
| bebt in seinen Grundfesten. | |||
| Wir sitzen eng zusanmengekauert in der uersten Kellerecke bei | |||
| der gesgneten Kerze. Zum Lautbeten fehlt uns der Atem. Annni | |||
| weint bitterlich. | |||
| Am Hachmittag erscheinen feindliche Tiefflieger. Bordwaffenbeschu! | |||
| Sobald die Flieger weg sind, beginnt wieder das Artillerie-Duell. | |||
| So geht das abwechselnd den ganzen Tag. Ohne Ende! | |||
| Wir sitzen in Keller, denn es pfeift und zischt dauernd um uns. | |||
| Tagsber gehen Soldaten ber die Strae. Sie stoen | |||
| berall die Gartentrchen auf, auch bei uns, als gelengentliche | |||
| Deckung. | |||
| Nikolin erzhlen, die von Amerikanern besetzte Gallwitz-Kaserne | |||
| soll entsetzt werden durch unsere Waffen SS. Alles das senkt | |||
| unseren Mut. - Wie die lange soll unsere Kellerhaft noch andauern? | |||
| Wir beginnen, auszurechnen, wie lange die Hausvorrte noch fr | |||
| 8 Personen ausreichen. | |||
| Bis 9 Uhr dauert der Beschu. | |||
| Am Sptabend kommt Martin heim von Dr. Schul, bringt von dort | |||
| gute Stiumung mit. | |||
| Die Stollenleute gehn nur noch ait weier Armbinde vor die Tr, | |||
| weil ihnen gegenber im Brimborner-Wldchen die Amerikaner zu | |||
| sehen sind. | |||
| Dem Wldchen gegenber unsere Stellung! Zwei Verwundete werden | |||
| in den Stollen gebracht. Sie fragten gleich "Sind noch von den | |||
| braunen Lmmels SA oder SS hier?" "Nein!" "Sonst htten wir sie | |||
| auch kaputt gemacht!" | |||
| Gemeinsames Abendgebet im Keller bei guter Stimmung. - Bis in | |||
| die zweite Hlfte der Nacht pfeffert die schwere Artillerie des | |||
| Feindes vom Wald her ber die Stadt hinweg, manchmal auch in die | |||
| Stadt hinein. Mutige wollen oberirdisch schlafen, kommen aber | |||
| bald herunter. Nur Martin und Franz bleiben oben. | |||
| 16.9.44 | Samstag. Dichter, fallender Morgennebel! Es wird heller, es | ||
| beginnt der Kampf, vornehmlich mit Granatwerfern. Einschlge | |||
| in unserer Nhe. Von ferne hrt man den Rhytmus des rollenden | |||
| Panzers. | |||
| Eiliges Kaffeekochen! Frhstck gemeinsam unterirdisch. | |||
| Kaplan B. holt Franz ab zum Melken. Hier im Hause wartet man | |||
| den Zeitpunkt ab, da die Einschlge sich von uns entfernen. | |||
| Kaplan B. erzhlt: "Noch ein Ausgang aus der Stadt, Jlicherstr. | |||
| ist frei. | |||
| Am Blcherplatz ist gestern die Partei gelandet mit 24 Autos | |||
| zum Abtransport der Stadtbewohner, 23 davon fuhren unbegehrt ab. | |||
| Die weie Flagge, die das Volk gehit hat, reit die Partei herunter. | |||
| Nachdem die Parteileute wieder in die Weite gesaust sind, erscheint | |||
| erneut die weie Flagge. SS in Zivil wurde von Zivilisten in der | |||
| Stadt entwaffnet. | |||
| Die Waffen SS verdrngt die Feinde bis zum Waldrand. Also ist | |||
| Amerika wieder etwas mehr von uns entfernt. Die Gallwitz-Kaserne | |||
| und der Nellessen Park gehren den Amerikanenn noch, | |||
| In der Stadt hat man die Geschfte geplndert, sich reichlich mit | |||
| Alkohol versehen. | |||
| Nach Mittag wstes Artillerie-Feuer von hben und drben. Einschlge | |||
| in unserer Nhe, an der Giebelseite des Nachbarhauses steigt dichter | |||
| Rauch auf. Wir kauern wieder in der Kellerecke bei der gesegneten | |||
| Kerze. | |||
| Dieses Drama wird abgelst durch aufsteigende Flieger: 4 Deutsche, | |||
| 8 feindliche. Es entspinnt sich ein Luftkampf, wobei ein Amerikaner | |||
| getroffen wird. Der Pilot kann sich noch mit dem Fallschirm retten. | |||
| Nhe Forster Kirche. Pfannschmidt verlassen in letzter Minute die | |||
| Stadt, nachdem sie vorher ein Schwein geschlachtet haben. Auf der | |||
| Hhe von Wrseln sieht man Brnde. | |||
| Noch eine Strae, Jlicher Str. soll frei sein. | |||
| Franz geht am Abend zum Bunker, um dort die versteckte Uliana fr- | |||
| heres Hausmdchen bei Conrads zu holen. Er kommt schwer getroffen | |||
| zurck, ohne Uliana. Unterwegs hrte er von einem Soldaten, Aachen | |||
| wrde verteidigt und zwangsweise von Zivilisten gerumt. | |||
| Die nervse Stimmung im Hause erreicht wieder einen Hhepunkt. | |||
| Martin hat Gewalt ntig, die Vernunft zur Geltung zu bringen. | |||
| Gegen 1/2 6 beginnt eine Totalverneblung von Wald und Stadt. | |||
| Amerikanische Flieger werfen Nebeltpfe herunter. | |||
| Die Fliegerverbnde erscheinen immer zahlreicher von der Feind- | |||
| seite her. | |||
| Philipp diktiert:"Zwischen 7 und 8 Uhr vollstndige Vernebelung | |||
| der Gemter." | |||
| Im Anschlu an die Vernebelung beginnt die Dmmerung. Diese Tar- | |||
| nung benutzen die Amerikaner wohl, um nher zur Stadt zu kommen. | |||
| Heute nachmittag sollte ein Kalb geschlachtet werden, doch kam man | |||
| nicht dazu. Die Feinde reden ja immer mit, wenn wir etwas vorhaben. | |||
| Wir hoffen nicht mehr von Stunde zu Stunde, sondern von Tag zu Tag | |||
| auf Befreiung aus unserem unterirdischen Gefngnis. Franz und | |||
| Martin gehn zum Stollen, erfahren dort ebenfalls, da Aachen zwangs- | |||
| weise gerumt werden soll. | |||
| Schmeer (Kreisleiter) ist in der Stadt gewesen. Autos stehn bereit. | |||
| Was wrde aus uns, wenn Stollen und Bunker zwangsweise gerumt wrden? | |||
| Oder sollten wir auch rumen? - Dieser Gedanke lst eine traurige | |||
| zweifelerfllte Stimmung aus. - Erneutes Packen in bebender Sorge, | |||
| mit der ungelsten Frage:Was wird aus uns? | |||
| Das Abendbrot in Keller verluft still und schweigsam. Gegen 1/2 11 | |||
| gehn Martin und Dr. Sch. zum Bunker bzw. zu Kaplan B., werden un- | |||
| terwegs von einer Streife (Dr. Dreising) angehalten. | |||
| Gemeinsames Abendgebet. Um 12 Uhr erscheint Hartin, bringt dieselbe | |||
| Nachricht von der Restrumung. | |||
| Morgen, Sonntag, ist Martins letzter Urlaubstag. Dann will er unter | |||
| allen Umstnden pflichtgem fort. Was wrde dann aus uns ohne Ihn ? | |||
| Sollten wir nicht besser gleichzeitig mit fort? | |||
| Martin und ich stehen noch lange am offenen Mansardenfenster, schauen | |||
| in die Nacht hinaus und beraten. Die feindliche Artillerie drhnt | |||
| von der Triererstrae her und liegt auf den beiden noch freien Aus- | |||
| fallstraen. Wrseln hat Feuerschein. Um 2 Uhr gehe ich zu Bett | |||
| und schlafe gegen 5 Uhr ein. | 
17.9.44 Um 1/2 7 stehe ich auf.
Martin ist auch schon da in Militrkleidung 
und macht sich abfahrtsbereit, da heute sein Urlaub zu Ende
geht.
| In unserer Kellerkche richte ich ihm Frhstck und Proviant zum | |
| Mitnehmen. Whrend ich eilig mit Messer und Brot hantiere, strzen | |
| pltzlich erregte Geister die Treppe hinunter mit dem Ruf:Ameri- | |
| kaner um unser Haus! | |
| Nun wagt sich niemand mehr hinaus. Auch Martin mu bleiben, um | |
| nicht unbewaffnet in die Hnde der Amerikaner zu fallen. | |
| Gegen 10 Uhr schleicht Kaplan E. vorbei zum Stollen, den Mekof- | |
| fer in der Hand. Bei jedem Artillerie-Schu duckt er sich hinter | |
| einem Gartenpfrtchen. Man kann nur noch auf dem Brgersteig der | |
| Huserreihe entlang gehen und mit grter Vorsicht, denn unsere | |
| Strae ist schon ganz vermint. | |
| Den ganzen Tag donnern die schweren amerikanischen Geschtze vom | |
| Sdosten her zum Nordosten der Stadt hin. Gegen 12 Uhr erscheint | |
| ein Nachbar. Er berichtet von einen Major, der alle Huser auf | |
| deutsche Militrpflichtige absuchen lassen will. | |
| Aus dem Stollen erfuhr man, da der Feind dem Divisionskonnandeur | |
| Graf Schwerin eine Verhandlung zwecks bergabe der Stadt brieflich | |
| angeboten habe. Graf Schw. berlt dem zivilen Stadtoberhaupt die | |
| Entscheidung. Dieser schickt die Frage zur Entscheidung nach Berlin | |
| zum Fhrer. Graf Schw. wird sofort zum Fhrer bestellt. Er soll | |
| vor ein Kriegsgericht gestellt werden. Darauf erbittet er sich die | |
| Freiheit, Aachen zu verteidigen, bevor er sich dem Gerichtshof stelit. | |
| Augenblicklich heftiger Tiefangriff der Jagd Bomber auf die deutsche | |
| Stellung mit Bordwaffen und Explosivgeschossen. Von SS Soldaten | |
| hren wir, da der Feuerring um Aachen geschlossen ist. Also bleibt | |
| keinem von uns eine Wahl. | |
| Der Feldwebel in unserer Nhe will sich mit seinen 3O Mann ergeben. | |
| Allein seine Leute wollen nicht, sie hoffen, zu entkommen. Viele | |
| von ihnen tragen einen Zivilanzug unter dem Militrrock. | |
| Von 2. Stock aus sehen wir, wie die Jlicherstr. unter Feuer liegt, | |
| kurz vor Haaren. Martin berlegt, ob er nicht doch fort | |
| kann. Seit dem Mittagessen dauernd lebhafte Feindfliegerttigkeit. | |
| Dazu das gewohnte Bombardement. | |
| Gegen 3 Uhr Ende des Luftangriffs. Vom Drimborner Wldchen her | |
| spricht ein amerikanischer Lautsprecher. Den ganzen Tag sind bei | |
| uns die Rollden vor, damit kein Major oder Soldat auf den Gedan- | |
| ken kommt, unser Haus berge wehrfhige Mnner. | |
| Am Nachmittag schleichen Martin und Franz C., der zum Arbeits- | |
| dienst verpflichtet ist, durch ein Heckenloch in Schleichers | |
| Haus, um am Abend, nachdem der Herr major die Huser abgesucht hat, | |
| heimzukehren. Als die beiden Jungen fort sind, sitzen wir im Keller | |
| und beten gemeinsam den Rosenkranz. | |
| Flintenschsse, Handgranaten um uns! Wir gehen zeitig zu Bett | |
| mangels Wachslicht. Die Lagersttten sind teils im Erdgescho, | |
| teils im Keller. Im Erdgescho auf dem Boden, in geschtzten | |
| Ecken liegen Anni, Lilli, Fine. Marianne, Philipp und ich sind | |
| im Keller. Immer noch Nachtkampf zwischen Sphtrupps um uns herum. | |
| Um 1/2 2 Uhr werden wir aufgeschreckt durch nahe Granateneinschlge. | |
| Wir hren das Glas klirren und riechen den Pulverdampf. Die Ober- | |
| irdischen steigen zu uns herunter, und wir rcken etwas nher zu- | |
| sammen. Gegen 5 Uhr schlafe ich ein. | 
18.9.44 Am Morgen immer Fehde zwischen den deutschen und amerikanischen
| Sphtrupps. Beim Sonnenaufgang lt die Kampfttigkeit nach. | |
| Dichter Nebel. Von einer Nachbarin erfahre ich, da man gestern | |
| auf dem Rbenfeld hinter Pfannschmidt einen deutschen Soldaten | |
| begraben hat. Ich berlege, um mit ihr zusammen im Stollen auf | |
| Beverau Lebensmittel zu holen. | |
| Fr die dort weilenden 200 Personen gibt’s ab und an Zuteilung, | |
| die auch noch fr die Nachbarschaft ausreicht. Frau G. ist aber | |
| zu ngstlich, mit mir zu gehen. Ihr Mann wurde nmlich gestern | |
| von einem urpltzlich auftauchenden Amerikaner mit vorgehaltener | |
| Pistole angehalten. "Soldat?" rief er. Nachdem er alle Taschen | |
| durchsucht hat, glaubte er dem Mann die Verneinung. Der Morgen | |
| bringt ein groes Reinemachen in allen Rumen, die gartenwrts | |
| liegen. | |
| Die Einschlge der Nacht haben merkliche Spuren hinterlassen. | |
| Zwei Kaninchen sind tot, das dritte hockt schwer getroffen vor | |
| der Haustr und bittet um Einla. Der Pfirsichbaum hat einen | |
| Treffer mitten in die Krone. Die kostbare Pfirsichlast liegt zu | |
| 3/4 am Boden. Man sieht, wie die Granatsplitter von der Baum- | |
| krone her auf die Hauswand und ins Haus hinein spritzten, Bden | |
| und Fenster in Stcke reiend. Lillis Schlafzinmer (1. Stock) | |
| ist mit 19 Einschlgen am schlimmsten getroffen. | |
| Es ist eine Heidenarbeit, die Zimmer von Staub, Schutt und Scher- | |
| ben zu befreien. Whrend des groen Reinemachens verdrcke ich | |
| mich in den Keller, sitze vor meinem Ausguck, um zu ersphen, | |
| was vorbeigeht. | |
| Pltzlich erscheinen Leute. Eine Familie strmt vorbei, atemlos, | |
| wie gehetzt, beladen mit Sack und Pack. Es ist Familie H. aus | |
| der Viktoriaallee, die nun vor unserer Tr steht und um Einla | |
| bittet. Familie H. flieht, weil der Frankenberger Bunker, der | |
| ihre Zuflucht war, von SS und SA gewaltsam gerumt wird. Mit | |
| Roheit und Grausamkeit zwingt man die Insassen zum Abtransport | |
| ins Reich und ruft ihnen zu:"Lungert das faule Volk hier herum; | |
| whrend wir rechtsrheinisch die Hnde brauchen, um Munition zu | |
| machen." | |
| Das Volk wehrt sich, hlt den fein vestriegelten Gewalthabern | |
| vor, da sie in der Front eine wichtigere Aufgabe zu erfllen | |
| htten. Den Bitten und Drohungen der Menge trotzend, rufen sie | |
| gespreizt der Menge zu:"Rhrt uns mal an!" Mutige treten vor | |
| und gemahnen mit erhobenem Zeigefinger:" Das besorgen schon andere | |
| fr uns." (gemeint sind die Amerikaner) | |
| Ich hrte Vater H. zu seinen drei Tchtern sagen:"Kinder, ver- | |
| get nicht, da man eucn in dieser Stunde das Deutschtum aus- | |
| getrieben hat!" | |
| Mehrere Tausend sollten aus dem Bunker weggefhrt werden. Wohin? | |
| Die bereits Abtransportierten harrten vergebens am Bahnhof, wur- | |
| den 15 km hinter Aachen abgesetzt, um dann auf Wiesen lagernd | |
| einem ungewissen Schicksal entgegen zu sehen. | |
| Deutsche Soldaten, die das Flchtlingselend am Bahnhof erlebt | |
| hatten, uerten zu Vater H. :"W1r sind harte Mnner, als wir | |
| aber das Flchtlingselend gesehen hatten, konnten wir nicht | |
| mehr auf einen Amerikaner schieen." | |
| Den Morgen ber kein Artilleriefeuer und keine Panzerttigkeit, | |
| nur Stotruppgefechte, anscheinend vom Kirschenbschchen bis | |
| zur Brcke, immerhin noch gefhrlich fr uns. Zugleich unser | |
| Glck! Denn hierher wagt sich keine SS oder SA mehr hinauf. | |
| Wir verwandeln unser Haus in eine Art Festung, halten Tr und | |
| Fenster fest geschlossen, Rolladen herunter, bewegen uns nach | |
| Mglichkeit lautlos, sprechen im Flsterton. | |
| Wir sind sogar entschlossen, das warme Essen einzustellen, | |
| damit der Kaminrauch uns nicht verrate. Nach dem Essen verlegen | |
| wir das Nachtlager in den Heizungskeller, stellen dort 2 Betten | |
| auf und 1 Sofabank zu der schon vorhandenen Couch. Somit Schlaf- | |
| gelegenheit fr 6 Personen. | |
| Martin und Franz verschwinden durch die Gartenhecke zu Schleicher, | |
| um dort ihr verstecktes Leben weiterzufhren. | |
| Den ganzen Tag schwere Gefechtsttigkeit in unserer Nhe! Die | |
| Deutschen haben die Amerikaner vertrieben aus dem Kirschenbsch- | |
| chen. Diese machen einen Gegensto. Man kann sich nur im Keller | |
| aufhalten. So schwer sind die Treffer, da das Ehepaar Schmitz | |
| in seinem Keller gettet wird. | |
| Auch wir haben 3 Einschlge in den Garten. | |
| Im Dunkel kommen Martin und Franz unbemerkt zu uns herber zum | |
| Abendbrot. | |
| Familie H. will auch ins Nachbarhaus bersiedeln, um mit Franz | |
| und Martin ein verborgenes Dasein zu fhren. Denn auch Herr H. | |
| ist militrpflichtig und mchte keineswegs von Deutschen aufgesprt | |
| werden. H. verschwindet zuerst lautlos durch die Hecke, spter | |
| Franz und Martin. | |
| Wir sind alle sehr beschwert durch die Furcht vor den feind- | |
| lichen Geschossen, mehr noch durch die Angst, von den "deut- | |
| schen Freunden" entdeckt zu werden. | |
| Im Fortgehen sagt Martin:"Kinder betet, davon hngt alles ab!" | |
| Nachdem diese fort sind, halten wir gemeinsames Abendgebet, | |
| lang und instndig. | 
19.9.44 Die Nacht ist verhltnismig ruhig. Gegen 10:22 gewahren wir
| einen Einschlag in unserer Nhe, das gewohnte Klirren und Knacken. | |
| Am Morgen sehen wir, da Eberts Haus gegenber schwer getroffen | |
| ist. Die Splitter dieses Treffers gingen auf unser Haus und tra- | |
| fen die Scheiben der Vorderfront. Auch an der Giebelseite sind | |
| die Scheiben kaputt. | |
| Nach 9 Uhr Horgens beginnt die schwere amerikanische Artillerie | |
| ihre Arbeit. Die Einschlge liegen im Hirschenbschchen, wo wie- | |
| der die Deutschen sitzen. | |
| 11 Uhr gemeinsames Frhstck. Vor den schweren Einscnlgen ver- | |
| kriechen wir uns in die Kellerecke, hocken dort bis Mittag. | |
| Franz erscheint und bringt eine amerikanische Wochenzeitung, die | |
| in rauhen Mengen auf die Nachbaruiese abgeworfen wurde. Der ameri- | |
| kanische Bericht sagt, da Aachen von allen Seiten eingeschlossen | |
| ist, nur zwischen Merkstein und Weisweiler ist noch eine Lcke | |
| frei. Also kann nur noch die Krefelderstr. einen Ausgang aus | |
| Aachen bieten. Eilendorf, Eschweiler, Stolberg, Rthgen sind in | |
| anerikanischer Hand. | |
| Franz requiriert einen herrenlosen Tempo-Wagen, bringt damit | |
| Brot fr uns und fr den Stollen, auch Maggi, Papier, eine Petro- | |
| leumlampe. | |
| Bis zum Abend Artillerie-Beschu. Allerhand Einschlge, doch ferne | |
| von uns. | |
| Gegen 11 Uhr schwere Einschlge hinterm Haus, hnlich Bombenein- | |
| schlgen. Das dauert bis 2 Uhr. | 
20.9.44 Deutsche Soldaten haben sich in den verlassenen Husern der Sever-
| au versteckt, daraus geschossen. Die Amerikaner antworten darauf. | |
| Fast jedes Haus hat einen Treffer. Auch der Bauernhof Vondenbusch | |
| ist ein Verteidigungsstand. | |
| Da ein Aufenthalt in den oberen Rumen unmglich ist, wird der | |
| Herd heruntergeschafft in den Keller, wo sich dann allmhlich | |
| eine vollwertige Kche entwickelt, in der nun fr 15 Personen | |
| (Fami1ie A. zhlt auch dazu) gekocht und gebacken wird. | 
21.9.44 Die letzte Nacht verlief wesentlich ruhiger als gewohnt. Nur mi-
| ges Artillerie-Feuer! | |
| Im frhen morgen gehen Anni und ich auf’s Kartoffelfeld zum Ernten. | |
| Unbedingte Notwendigkeit fr die Kche. | |
| gegen 13 Uhr gehn 2 Urlauber vorbei, wollen Verwandte auf Beverau | |
| besuchen, nachdem sie vergebens versuchten Brand zu erreichen, | |
| das schon in amerikanischer Hand ist. | |
| Tagsber beiderseitige Artillerie-Ttigkeit. Scheinbar handelt | |
| es sich um die Eisenbahnbrcke (Bahndamm), die in der Feuerlinie | |
| der Deutschen liegt. | 
22.9.44 Die Nacht verlief schn ruhig, nur entfernte Artillerie Einschlge.
| Am Morgen sind wir zeitig bei Opitz, holen Bedarf fr die Kche, | |
| whrend die amerikanische Artillerie ber uns hinweg saust. | |
| Dauernder Artillerie-Beschu der Huser auf der Beverau, wo unsere | |
| Soldaten sich eingenistet haben. Mehrere Huser brennen nieder. | |
| Die Beverau wird ein Trmmerfeld. Vie1e Huser sind schwer getroffen. | |
| Es ist auch gefhrlich fr die Zivilleute im Stollen, da Soldaten | |
| darin ein- und ausgehen, sogar davor stehen. | |
| Die Amerikaner besitzen Kirschenbschchen, Brimborner Wldchen, | |
| Nellessen-Wald, mithin auch die linke Seite unserer Strae, gegen- | |
| ber sind die Deutschen. | |
| Am Nachmittag fhrt ein deutscher Panzer vor, hlt wenige Huser | |
| unter uns in der Helfferichstrae. Er soll 200 Schu auf den | |
| Amerikaner abgeben. Beim 2. Schu Rohrkrepierer. Der Panzer | |
| mu abziehen. Ein neuer Panzer erscheint und zieht wieder ab | |
| mit dem gleichen Mierfolg. | |
| Kaplan B. ist unermdlich in seinem Eifer fr das gestige und | |
| leibliche Wohl der Anwohnerschaft. Regelmig hl. Messe im | |
| Stollen oder in dem Keller eines Hauses. Heute Abend 7 Uhr | |
| hl. Messe bei uns im Keller, nachdem wir den Altar hergerichtet | |
| haben mit den letzten Blumen und drftigem Kerzenlicht. | |
| Eine groe Anzahl Nachbarschaft ist anwesend. Kaplan.B. erteilt | |
| allen die Generalabsolution, alle empfangen in feierlichem au- | |
| genblick die hl. Kommunion. | |
| Am Abend haben wir noch Gelegenheit, einem Soldaten Briefe mit- | |
| zugeben, die ins Reich reisen sollen. | 
23.9.44 Artillerie und Panzerbeschu wie gewohnt, besonders heftig
| um Mittag. | |
| Abends 7 Uhr hl. Hesse in unserem Keller, 26 Teilnehmer. | |
| Heftiger Brand am stlichen Horizont. | 
24.9.44 Unruhige Nacht! Ein Panzerauto fhrt dauernd hinter unserm
| Haus herum, gibt drhnende Schsse ab, bald fern, bald nah, | |
| bis 5 Uhr. | |
| In der Morgenfrhe sprengen deutsche Soldaten die Eisenbahn- | |
| brcke zur Helfferichstrae. Bei Prang dringen deutsche Sol- | |
| daten ins Haus, durchwhlen die Schrnke, rauben. | |
| 5 Uhr Nachmittags hl. Messe in unserm Keller, 25 Beter sind | |
| anwesend. Wir erfahren, da ein Herr und eine Dame vom Stollen | |
| aus heimlich zum Brimborner Wldchen hinber gingen und die | |
| Amerikaner baten, dem Elend der 180 Menschen (Zivilisten) im | |
| Stollen ein Ende zu machen, indem sie diesen ihrer Linie ein- | |
| verleiben. | 
25.9.44 Ruhige Nacht!
| Am Morgen brennt auf Beverau die Huserreihe ab, die der Feind- | |
| stellung am nchsten ist. Amerikaner warfen die Brandfackeln | |
| hinein. Zu 20 Mann dringen sie in ein weiteres Haus ein. Von | |
| den darin versteckten Soldaten wird einer Gefangener, der andere | |
| bleibt tot. Dann treten die Amerikaner an den Stollen heran, | |
| durchsuchen ihn nach Soldaten und Waffen, ohne Erfolg. | |
| Groe Vorbereitungen in unserer Kellerkche! Die Stollenleute | |
| haben ein Schwein geschlachtet, wovon reichlich auf unsere 15 | |
| kpfige Egesellschaft entfallen ist. | 
26.9.44 Nachts, 2 Uhr erscheint die Polizei vor dem Stollen. Befehl:
| Der Stollen mu sofort gerumt werden. Seine Insassen machen | |
| sich bereit zum Abtransport ins Reich! Manche gehen noch wh- | |
| rend der Nacht mit, andere warten bis zum Morgen, eine Menge | |
| berlistet die Polizei und bleibt, setzt sich in leer stehende | |
| Huser, bis zu 20 Mann in 1 Haus. | |
| Franz meldet uns das, noch ehe wir aufstehen. Folge; Grte | |
| Angst und Aufregung! Wir befrchten, da die Polizei auch die | |
| Huser durchsucht und rumt. Was wird dann aus uns? Wir bangen | |
| um Franz und Martin. Martin kommt unbemerkt zu uns herber. | |
| Mit grter Mhe erreicht er, da nach seinen Anordnungen alles | |
| ruhig bleibt, so als ob niemand in unserem Haus wohne. | |
| Vom frhen Morgen bis zum Sptnachmittag anhaltender strmender | |
| Regen! Wir freuen uns, da es Regenwasser zum Kochen und Reini- | |
| gen gibt. Aber o weh! Zahlreiche Lcher im Dach lassen das edle | |
| Na in Bchen und Bchlein durchflieen ins Haus durch die Zim- | |
| merdecken, teils bis zum Erdgescho zeigt es deutliche Spuren. | |
| Es gibt nicht Kannen und Kbel genug um die Seeen aufzufangen | |
| auf dem Speicher, im 2. und 1. Gescho. | |
| Im Nachmittag klopfen Braunsdorfer an die Haustr. Sie wollen sich | |
| verabschieden vor ihrer Abreise ins rechtrheinische Land. Sie sind im | |
| hchsten Grade nervs augereiben durch Packen und | |
| Schleppen, durch die gewaltsame Trennung von Hab und Gut. Sie | |
| lassen sich ganz beeindrucken von Schauermrchen, die man den | |
| Unschlssigen Abwanderern vorhielt: Erschieen der Zivilisten, | |
| Unterrminierung ihrer Huser, Zerstrung durch Flammenwerfung! | |
| Die phantastische Darstellung der Ereignisse wirkt aufreizend | |
| auf die schon so oft gequlten Nerven unserer Hausinsassen. | |
| Neue Unentschlossenheit, angsterflltes Schwanken zwischen Blei- | |
| ben oder Abwandern greift wieder Oberhand. | |
| Martin hat Vernunft und Gewalt ntig, um wieder eine zum Bleiben | |
| entschlossene Einheit herzustellen. | 
27.9.44 Wir bleiben verschlossen im haus, schleichen nur durch den Gar-
| ten herber zu Familie H., um ihnen regelmig die 3 Mahlzeiten | |
| zu bringen. Oft kommen die Tchter H. das Essen holen. | |
| Artillerie-Kampf von fern und nah. Die Deutschen schieen aus | |
| der Stadt vom Lousberg her auf die amerikanischen Stellungen | |
| im Wald. | |
| Wir beginnen das letzte Brot. | 
28.9.44 Artillerie-Beschu!
| Deutsche Soldaten werden seltener in der Helfferichstrae. | |
| In unserer Nachbarschaft gibt es nur Sphtrupps und Vorposten. | |
| Der Gefecntsstand ist in Rinkens Haus, 6 Huser ber uns. | |
| Deutsche Kampflinie, Ziel der amerikanischen Artillerie ist | |
| der Bahndamm, etwa 50 m hinter uns! | |
| Heute hat Burscheid manchen Treffer auszuhalten. | |
| Wir hoffen von Woche zu Woche auf Befreiung. Bei Cohnen wurde | |
| ein Kalb geschlachtet. Auch fr uns und Horbach gibt’s reichen | |
| Anteil. | 
29.9.44 Nach Mittag kreisen stundenlang Tiefflieger, arbeiten mit Bord-
| waffen und Bomben. | |
| Abends Arti1lerie-Ttigkeit. Einschlge den Wald entlang ber | |
| Preuweg bis Vaelser-Quartier. | 
30.9.44 Ruhige Nacht! Ruhiger Morgen! Drauen Nebel!
| Franz bringt den deutschen Wehrmachtsbericht, erfuhr ihn durch | |
| Nachbar Hanrads, der mittels Detektor hrt. Es heit, die Divi- | |
| sion Schwerin soll durch eine neue abgelst sein. Diese habe | |
| den Auftrag alle Zivilisten gefangen zu nehmen. | |
| Martins eindringliche Mahnung, unbemerkt im Hause zu verbleiben, | |
| ist immer wieder ntig. | |
| Nachmittags dringen deutsche Soldaten vom Bahndamm herauf bis | |
| auf die ehemalige Flakstellung. Ein amerikanischer Vorposten | |
| wird verwundet. Er heftet einen weien Lappen an den Rock, kriecht | |
| auf den Knieen mhsam vor bis zum Gegner. Dieser fhrt in fort | |
| bis auf den Gefechtsstand in Rinkens Haus. | |
| 6 deutsche Soldaten suchen die Flakstellung ab, verkriechen sich | |
| dann in einer Hecke, wo zuvor Ein-Mann-Lcher gegraben wurden. | |
| Es ist die Heche, die auf der benachbarten Wiese rechtwinkelig zu | |
| unserem Haus verluft. | |
| Nun aber gibt’s Feuer von der amerikanischen Stellung her auf | |
| die Buschhhe hinter der Flakstellung. Das geht auf die Flak- | |
| wiese, die Querhecke, die Grten unserer Huserzeile, auch auf | |
| den Bahndamm. Eine Flakbude brennt. | |
| Groe angstpsychose in unserer Kellerbehausung! Anni ist zu | |
| ngstlich, ins Bett zu gehen. Philipp ist noch bis zum Morgen | |
| in grten Angstnten, will abermals abwandern ins Reich. An | |
| diesem Tage merken wir so recht, wie die Not von Tag zu Tag | |
| wchst | |
| Ich erinnere mich, da in Blde (7.X.) Rosenkranzfest zu Ehren | |
| Maria-Viktoria ist als Erinnerung an die Rosenkranzknigin, die | |
| 1571 durch ihre mchtige Frbitte den wunderbaren Seesieg bei | |
| Levanto ber die Trken vermittelte und das Abendland vom Halb- | |
| mond_befreite. Wer zhlt die wunderbaren Erfreiungen, die seitdem | |
| durch die Frbitte der Maria Viktoria geschehen sind? | |
| Wir sind uns einig, heute die Novene zu Ehren Maria Viktoria zu | |
| beginnen. Auch das Nachbarhaus tut mit. Das Bildnis der Mutter- | |
| gottes erhlt einen Ehrenplatz im Keller. | 
1.10.44 Ruhige Nacht nach dem Sturm! Am Morgen werden die angstbewegten
| Gemter durch Martin wieder getrstet und mit neuer Entschlu- | |
| Kraft gefestigt. | |
| Regentag! Alle verfgbaren Gefe stehn oben, reichen aber nicht | |
| aus zum Auffangen der eindringenden Wasserfluten. Das unwider- | |
| stehliche Na sickert durch und macht die Decken stellenweise zu | |
| Brei. Mit beginnender Dmmerung wird das Wetter wieder gut. | |
| Wir sehen Feuer auf Morsbach, Wrselen; Rauch entsteigt dem Bahn- | |
| damm, der Huserreihe Turpinstrae, die durch den stndigen Be- | |
| schu des Bahndamms viel auszuhalten hatte. | |
| Pltzlich sehen wir einen Nahkampf zwischen den Stotrupps hinter | |
| unserem Haus. Das Feuer der Gewehre, M.G. und Handgranaten geht | |
| hin und her, her und hin zwischen Bahndamm und Querhecke, wo die | |
| Deutschen sitzen, und dem Gehlz auf der Hhe, das dem Amerikaner | |
| gehrt. Da es dmmert, erkennen wir die Feuerkugeln deutlich, die | |
| wie die Blle spielender Kinder gut gezielt durch die Luft fliegen. | |
| Ende des Kampfes: 6 der Deutschen in der Hecke nehmen Reiaus in | |
| Richtung Bahndamm! | |
| 9 Uhr Bettruhe! | |
| Es beginnt stundenlanges, pausenloses Bombardement mit allerhand | |
| Schuwaffen. Das Haus bebt. | 
2.10.44 Nachmittag! Die Querhecke und Umgebung liegen unter Artillerie-
| Beschu durch die Amerikaner. Die Deutschen beschieen den Wald, | |
| die Artillerie-Stellung der Amerikaner. Am Abend klopft wieder | |
| U. Bransdorf an unsere Kellertr. Sie hat es gewagt, von rechts- | |
| rheinisch her noch einmal vorzudringen nach Aachen, zu ihrer Woh- | |
| nung, um Sachen zu holen. Ein groes Wagnis! | |
| In nervser berspanntheit sprudelt sie am laufenden Band Schauer- | |
| mren heraus ber ihre Reise, besonders aber ber die katastro- | |
| phalen Gefahren, die den in der umkmpften Stadt Aachen verblei- | |
| [hier fehlt ein Teil des Textes] | |
| faszinierenden Gewalt, da die Gemter der anwesenden ganz davon | |
| gefangen wurden. Eine Einrede oder Widerrede zur Vernunft war un- | |
| mglich. | |
| Und so begaben wir uns mit diesen Eindrcken zu Bett ohne einen | |
| ruhigcn Schlaf zu finden. Der Gedanke an Abwanderung zermarterte | |
| wieder die Kpfe. | |
| Lilli hat in der Nacht starke Herzbeschwerden, mu aufstehn und | |
| zu einem Medikament greifen. | 
3.10.44 Am frhen Morgen, noch vor dem aufstehn gehn wir die Schauerar-
| gumente zu unserer Abwanderung, die man uns einreden wollte, noch | |
| einmal durch, erkennen die frappanten Widersprche, den phantasti- | |
| schen Unsinn der nervs berspannten Erzhlerin. Noch ehe wir auf- | |
| stehn, hat die Vernunft gesiegt. In unserer Schlafstube denkt kei- | |
| ner mehr an Abwandern. | |
| U. Br., die ber Nacht unser Gast war, Verlt uns wieder am | |
| Morgen, um noch einmal ihr Haus aufzusuchen, um alsdann wieder | |
| nacn rechtsrheinischem Gebiet zu verschwinden. Diese Gelegenheit | |
| benutzen wir, U. Br. noch einige Briefe mitzugeben, die wir schnell | |
| am Morgen verfaten. | 
4.10.44 Morgens groes Organisieren bei Opitz! Lilli, Anni, Marianne sind
| eifrig ttig. Die Versorgungsfrage fr unsere 13 kpfige Gemein- | |
| schaft ist wieder fr eine Zeitlang gelst. | |
| Nachmittags Sphtruppgefecht in der Gegend der Flakstellung hinter | |
| unserm Haus. Ein Verwundeter, mit einem Zivilmantel bekleidet, | |
| ohne Kopfbedeckung, wird von 2 Soldaten heruntergebracht. Ein | |
| beschossenes Haus brennt ab! Spt Abends fernes Aufblitzen von | |
| Artillerie-Feuer am sdstlichen und nordwestlichen Horizont. | 
5.10.44 Am Morgen groes Heimholen von Obst. Namentlich pfel!
| Anni trifft bei Opitz mit einem Feldwebel zusammen, der sie mahnt, | |
| sich ja nicht sehen zu lassen, er sagt, da die Wehrmacht keine | |
| Zivilisten dulde im Kampgebiet. Auch Frau Gerhards traf mit einem | |
| Soldaten zusammen, der Hchst erstaunt fragte:"Wie? sind hier noch | |
| Zivilisten? Wissen Sie nicht, da Sie mitten im Kampfgebiet sind?" | 
6.10.44 Nachts hrten wir dauernd die reienden Einschlge der Granat-
| werfer, dicht um unser Haus herum gehn die Treffer. Am Morgen | |||
| sehen wir den Kirschbaum umgelegt. | |||
| Pfannschmidts Haus hat einen Treffer. Den ganzen Morgen rege | |||
| Ttigkeit von Jagdbombern, dazwischen dauernd Granatwerfer. Ein | |||
| Einschlag gerade vor unserm Haus, als ich am Fenster sitze und | |||
| auf die Strae schaue. Schwarzer Dampf und etwas Schrecken! | |||
| Der Bauer Peters, der mit Waffengewalt gezwungen wurde seinen | |||
| Hof zu verlassen, ist Heimgekehrt. Der zweite Versuch, sich vom | |||
| Flchtlingsstrom zu trennen, gelang ihm in Grzenich bei Dren. | |||
| Er hat noch 2 Beverau-Bewohner mitgebracht. Da das Gut Peters | |||
| in Hnden der Amerikaner ist, kehren die 3 in Prangs Haus ein. | |||
| 7.10.44 | ber Nacht stndig Kampfttigkeit, Granatwerfer grei- | ||
| fen an. Baltes ist als Soldat mit seinem Militrmotorrad unter | |||
| dem Schutze des Nebels noch einmal in die Stadt gekommen, herauf | |||
| zur Helfferichstr., um noch ein letztes Mal Sachen zu holen, da | |||
| ein Ein- und Ausschlupf nach bzw. von Aachen fast unmglich ist. | |||
| 8.10.44 | Eine Nacht, wie wir sie zuvor noch nie erlebten! 4 Uhr wachen | ||
| wir auf durch anhaltendes, drhnendes Artilleriefeuer. Dazu | |||
| Panzerrollen und Panzerschieen - bis 1/2 2 Uhr ! Von deutscher | |||
| Seite fllt kein Schu. | |||
| Bei hellem Tag lebt der Kampf um den Bahndamm wiederauf. Einschlge | |||
| dicht vor und hinter unserm Haus! Treffer in den Zaun am Erdbeer- | |||
| beet! Splitter in Lillis Wohnzimmer, durch dessen Wand in die | |||
| Vorratskammer hinein! | |||
| Ein Unteroffizier taucht im Gartentor gegenber auf, scheu, geduckt, | |||
| nach oben und unten Ausschau haltend. Soldaten kommen von unten her. | |||
| Diesen meldet er:"Wir haben keine Munition mehr, die Panzer schies- | |||
| sen dauernd." Kein Soldat wagt mehr die Strae ab und auf zu gehn. | |||
| Zum Gefechtsstand in Rinkens Haus schleichen alle, gut getarnt, | |||
| durch die Hausgrten der rechten Straenseite. Scheinbar ist die | |||
| Telefonleitung zum Gefechtsstand zerstrt. 3 Soldaten halten sich | |||
| in Barths Garten versteckt, sie buddeln sich ein in unserm Garten, | |||
| graben nahe der Hecke 2 Lcher. | |||
| Dauernder Beschu der Vorposten durch die Amerikaner! Dazu die | |||
| bliche Befeuerung des Bahndamms! | |||
| Wir gewahren Glas- und Pliesterschden in nie gekanntem Ausma. | |||
| Die Straenfront, die bis jetzt noch ziemlich heil war, weist | |||
| kein ganzes Fenster mehr auf. Das Badezimmer kann nur noch fr | |||
| Luftbder gebraucht werden. | |||
| Wir halten uns ganz eingeschlossen, reden nur mehr in Flsterton. | |||
| Es ist unmglich, den Nachbarn das gewohnte Essen zu bringen. | |||
| Kaplan B. hatte vor, 5 Nachmittags bei uns die hl. Messe zu fei- | |||
| ern. Da wir dieses fr ausgeschlossen halten, verrichten wir 11 | |||
| Uhr gemeinschaftlich die Megebete im Keller-5chlafraum, heute | |||
| sehr ergriffen und andchtig mit Verehrung der Maria Viktoria, | |||
| zu der wir heute, am letzten Oktavtag ganz vertrauensvoll unsere | |||
| Zuflucht nahmen. Noch ehe unsere Andacht zu Ende ist, fliegen | |||
| pltzlich die Fensterscheiben in Splittern um uns herum und auf | |||
| den Tisch, hervorgerufen durch den Luftdruck eines Granatein- | |||
| schlags vor unserem Haus. Wir erschrecken, aber keinem ist ein | |||
| Leid geschehen. | |||
| Zum Mittagessen wird nicht gekocht, wir begngen uns mit noch | |||
| vorhandenen Resten. Es herrscht auch eine Stimmung, die die E- | |||
| lust ttet. Schon wenn wir bedenken, da unsere Nachbarn nun ganz | |||
| und gar von unserer Versorgung abgeschnitten sind. Ganz vorsichtig | |||
| beobachten wir durch die Rolladen-Ritzen das Tun und Treiben unse- | |||
| rer Soldaten, das Hin und Her zum und vom Befehlsstand. | |||
| Sie lassen sich das Obst in unserm Garten gut schmecken, am besten | |||
| die Pfirsiche, die smtlich aufgezehrt werden. | |||
| Als Nachtquartier dient den Soldaten der Keller in Barths Haus. | |||
| In der Dmmerung wird hinter unserm Gartenzaun ein Kamerad mit | |||
| Bauchschu auf einer Bahre herunter getragen. | |||
| Dieser Tag brachte auch allerhand Treffer in der Nachbarschaft. | |||
| Bodets Haus ist an der Giebelseite durch 2 Treffer furchtbar zer- | |||
| strt. Das Haus zur Eule hat auch wieder einen Hieb abgekriegt. | |||
| Der schnste Baum vor Eberts Haus ist zerstrt. | 
9.10.44 Die Nacht ber anhaltender Beschu des Bahndammsl Noch ehe wir
| aus den Betten sind, klopft es an unsere Kellertr. Es ist Franz, | |
| begleitet von mehreren Amerikanern, die Einla begehren. Schon | |
| stehen sie neben unseren Betten, begren uns sehr freundlich, | |
| ngstlich forschend, ob noch deutsche Soldaten in unserm Haus seien. | |
| Wir hren, da gestern schon die ganze linke Seite der Helfferich- | |
| strae in amerikanischem Besitz war, das man nun schon Beverau | |
| und Helfferichstr. bis zu uns genommen habe. | |
| Unser Staunen ber die so unerwartete Befreiung ist nicht zu er- | |
| messen. Wir knnen es kaum fassen, da wir nun ans Tageslicht | |
| kommen, in der Sonne atmen drfen, keine Geschosse, keine bedroh- | |
| lichen Spher mehr zu frchten haben. | |
| Alle rufen wir in einem Gedanken:Maria Viktoria! wir nehmen uns | |
| vor, unsere Retterin nie zu vergessen. | |
| Dem Amerikaner, der meinem Bette zunchst ist, erklre ich, wie | |
| es kam, da wir hier blieben und 4 Wochen unter sich immer mehr | |
| trmenden Schwierigkeiten im Keller verharrten, was er mit Ver- | |
| stndnis aufnahm. Dem Verhalten der Amerikaner merkte man nicht | |
| im geringsten den Feind an, so anstndig und hflich waren sie | |
| bei der Durchsuchung der Huser. Dies veranlate uns, den von | |
| den Strapazen der Nacht mitgenommenen Kmpfern unsere Kognak- | |
| flasche anzubieten. | |
| "Kognak will soon bee off" sagte einer der Amerikaner lachend, | |
| analog zu der bei uns sich wiederholenden Frage:" Are German | |
| soldiers gone off?" - Wir knnen es nmlich immer noch nicht | |
| fassen, da nun gar kein Deutscher mehr in unserm Verteidigungs- | |
| nest sitzen sollte. | |
| Einige Amerikaner stiegen in Barths Keller, wo gestern Abend noch | |
| 5 deutsche Soldaten hausten, einer sa derweil kniend mit ge- | |
| zckter Flinte vor dem Eingang, halb versteckt in der Ecke. | |
| Zum Glck war der Keller leer und entstand so keinerlei Schieen. | |
| In unserer Kellertreppe wurden die letzten Glschen Kognak geleert. | |
| Wir wnschten den Kmpfern weiter glckliche Fahrt. "Ja", sagte | |
| einer, der traurig, gesenkten Hauptes mitten in der Kellertreppe | |
| sa "da auch wir bald heimkommen, wir sind seit 2 Jahren von | |
| hause fort!" | |
| Nachdem die Eroberer fort sind, gehn wir befreit und froh an das | |
| Frhstck, das heute wesentlich besser mundet. Unser bescheidener | |
| Imbi ist noch nicht halb verzehrt, da kommt urpltzlich der | |
| amerikanische Befehl: Alle Anwohner der Helfferichstr. mssen sich | |
| sofort auf der Hhe der Strae sammeln, da wir fr 2 Tage rckge- | |
| fhrt werden nach Eupen, um dem Beschu der deutschen Artillerie | |
| zu entgehen. Keine Nahrungsmittel sind mitzunehmen! Die Haustr | |
| ist zu schlieen, alles, was im Haus ist, bleibt unangetastet! | |
| Das glaubten wir wrtlich, packten hastig das Notwendigste zu- | |
| sammen und schieben die Helfferichstrae hinauf bis zur Hhe am | |
| Wald vor Winkens Haus. | |
| Wehe! Welches Bild bietet die Strae? Eine unglaubliche Zerst- | |
| rung hat die Schiekunst beider Gegner angerichtet. Ruinen wie | |
| nach einem Bombenangriff! Die ganze Beverau ein Trmmerfeld! | |
| Am Wege liegen ausgestreckt die gefallenen Kmpfer. Ich sehe, | |
| wie ein Amerikaner, fest angeschmiegt an ein Haus, so da er | |
| kaum erkennbar ist, mit einer Pistole auf einen Deutschen schiet. | |
| Noch ehe der Schu ins Weite geht, springt er wie eine Eidechse | |
| zurck. | |
| Die Deutschen beschieen heftig das ihnen eben entrissene Gelnde. | |
| In Rinkens Haus empfngt uns der Ruf der Amerikaner:"Down!" | |
| Mit ihnen steigen wir eilig in den Keller, wo gestern noch die | |
| deutschen Soldaten aushielten, whrend im Obergescho bereits die | |
| Amerikaner Hausherr waren. Ein Fhrer aus den Reihen der Amerikaner | |
| empfngt uns zur Begleitung bis zum Transporter. Ehe wir die breite | |
| Strae zum Waldrand berqueren, ruft uns der Amerikaner zu:"Schnell | |
| und in gebckter Haltung laufen!" | |
| Wir durchwandern noch einige Straen der zertrmmerten Beverau | |
| und sind glcklich, den schtzenden Wald erreicht zu haben. | |
| berall begleitet uns auf unserm Wege die Musiek der Schuwaffen. | |
| Totes Vieh liegt, teils getroffen, teils verhungert, am Wege. | |
| Wir sehn die Panzer, die Kanonen, gut getarnt durch Gebsch, deren | |
| Ttigkeit uns 4 Wochen lang beunruhigte. Es geht vorbei an der | |
| Gallwitz-Kaserne, die unter dem Beschu der Deutschen schwer ge- | |
| litten hat, bis zur Wirtschaft Goldhausen, wo wir uns zu kurzer | |
| Rast hinsetzen. | |
| Als wir den Weg fortsetzen, erscheint ein Auto, das unser Gepck | |
| mitnimmt. Wir sind wesentlich erleichtert. | |
| ber Lichtenbusch, dessen Huser zum Teil verlassen sind, erreichen | |
| wir Lintert, Endpunkt unserer Wanderung. Das Schulhaus ist ganz von | |
| den Amerikanern eingenommen. Gatzweiler sind ausquartiert und dr- | |
| fen ihr Haus nicht betreten. | |
| Hinter einem kleinen Bauernhaus, der Schule gegenber, harren wir | |
| des Abtransports. Eine Menge deutscher Kriegsgefangener steht uns | |
| gegenber. Abgekmpft und elend, brten diese stumpf vor sich hin. | |
| Es ist verboten, sich ihnen zu nhern. In einer Waldwiese sehen | |
| wir gut getarnte Kanonen, die andauernd mit drhnendem Gerusch | |
| ber die Stadt feuern. Ein Amerikaner schreibt uns alle auf mit | |
| Namen und Anschrift. Neugierig suchen wir immer wieder zu erkunden, | |
| wohin denn nun eigentlich unsere Reise gehe. Es heit dann:"Ihr | |
| kommt in ein benachbartes Dorf, den Namen wissen wir nicht, viel- | |
| leicht nach Eupen, vielleicht auch in ein Flchtlingslager." | |
| Zwei amerikanische Reporter gesellen sich zu uns, um ber deutsche | |
| Zustnde und Parteiangelegenheiten allerlei zu erfahren. Wir sind | |
| bedrckt durch das ungewisse Schicksal, dem wir entgegen gehn, | |
| aber doch etwas getrstet durch die vornehme, hfliche Haltung der | |
| Amerikaner uns gegenber. - Von Gegnerschaft oder Ha gegen | |
| Deutschland merkt man nichts, wohl aber, da die Amerikaner ein | |
| besonderes Verstndnis fr den katholischen Teil der deutschen | |
| Bevlkerung haben. | |
| Nach langem Warten fahren 2 Lastautos vor, die bestimmt sind, je | |
| eins die Frauen und die Mnner mit ihrem Gepck aufzunehmen. Unsere | |
| Fahrt geht ber Oberforstbach, Hallset, Eynatten, Kettenis, Eupen | |
| nach Homburg zum Flchtlinslager. | |
| Wir sind glcklich, die Kampfzone hinter uns zu haben, wieder | |
| einmal friedliche Ortschaften zu sehen, die nicht durch Kampf | |
| zerstrt sind. | |
| Unterwegs gewahrten wir eine Talwiese, mit ein paar Zelten, wo | |
| Mengen deutscher Kriegsgefangenen standen. | 
10.10.4 "Das Einfachste, das Schwerste und das
| Hchste, was ein Mensch tun kann: in aller | |
| Ausweglosigkeit dennoch zu vertrauen." |